Kirchenchronik neuer Anbau St. Pölten

Der neue Anbau der Pfarrkirche St. Pölten 1968

Pfarrer Sebastian Hackl, schreibt als Begründung des Kirchenneubaus in der Festschrift zur Eröffnung:

Überall, in Stadt und Land, können wir seit Ende des zweiten Weltkrieges eine rege Bautätigkeit feststellen. Auch Weilheim ist mächtig gewachsen. Die Seelenzahl von St. Pölten hat sich in den letzten zweihundert Jahren mehr als versechsfacht. Was aber in ganz Weilheim seit Jahrhunderten immer gleichblieb, war der kirchliche Raum. Darum fühlte ich mich meinem Gewissen verpflichtet, zur Zeit eines sogenannten Wirtschaftswunders endlich auch einen neuen Kirchenraum zu beschaffen, der auch dem weiter zu erwartenden Wachstum noch gerecht wird und Allen von St. Pölten eine pfarrliche Heimat und Geborgenheit bieten kann.

Nach reiflicher Prüfung aller Möglichkeiten der Platzwahl war mir bald klar, dass die beste Lösung nur geschehen konnte in Verbindung mit unserer bisherigen Pfarrkirche, die zudem die älteste Kirche Weilheims ist. Es wäre nicht zu verantworten gewesen, sie lediglich zu einem Museumsstück, dessen Baupflege fraglich geworden wäre, herabzuwürdigen. In Mitverwendung der alten als Werktagskirche mit der neuen als Sonntagskirche glaube ich dem ganzen kirchenbaulichen Anliegen den größten Dienst  erwiesen zu haben: Das gute Alte zu vereinen mit dem gesunden Neuen.

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Vergleichende Voruntersuchungen hatten ergeben, dass der neue Raumbedarf der Kirchengemeinde am besten mit einem Neubau auf dem vorhandenen Grundstück im Anschluss an die alte Kirche mit Turm, Pfarrhaus und Kapelle befriedigt werden konnte.  Ein ähnlich günstiges Gelände wäre auch mit hohen Mitteln nicht zu beschaffen gewesen. Die weitere Mitbenützung der alten Bauobjekte ersparte neue und verbürgte die sonst nur zur Last fallende Erhaltung und Pflege dieser Baudenkmäler und die Weiterführung der Traditionen dieser ältesten Stätte christlicher Kultur Weilheims.Gedanken zum Kirchenbau von Architekt Hans Strobel

In Erkenntnis dieser Vorteile hat sich der Pfarrherr verantwortungsbewusst und verdienstvoll für das optimale Ziel eingesetzt…. und schließlich auch die Genehmigung und Hilfe seines Bischofs und Ordinariats erhalten.

Dem Architekten stellte sich damit die gegenüber unabhängigen Projekten ungleich schwierigere Aufgabe, ein neues, wesentlich größeres Raumprogramm in nächster Nähe zur reizvollen Altbaugruppe auf dem beschränkten Gelände des ehemaligen Friedhofs und einer nur geringfügig erhältlichen Erweiterung einfügen zu müssen.

Die erforderlichen Rücksichtnahmen denkmalspflegerischer und städtebaulicher Natur – nämlich auf ein unverändertes Straßenbild von Osten her und auf eine sorgsam abgestimmte Baugruppe im freieingesehenen Stadtbild von Süden und Westen her – erlaubten also keineswegs die im Kirchenbau heute sonst so weitgehende Gestaltungsfreiheit, sondern ergaben schwerwiegende Bindungen, deren Einmaligkeit aber den Architekten besonders reizte…

Das Programm verlangte einen Raum für 400 Sitzplätze möglichst zentralisierter Anordnung und die unabhängige Weiterbenutzungsmöglichkeit des Altbaus als Werktagskirche. Eine Verlängerung des alten Kirchenquerschnittes konnte aus diesen, wie aus proportionalen Gründen nicht in Frage kommen. Eine selbständige Stellung der neuen Kirche neben die alte schied wegen ungünstiger Überschneidungen und Mangel an Platz aus. Dieser bot sich allein in Verlängerung der alten Kirchenachse nach Westen, doch so sparsam, dass nur unmittelbar angebaut werden konnte ohne ein Distanz schaffendes Mittelglied.

StPoelten-neu2In dieser Situation erwies sich die Grundform eines Kreises in ausdrucksvollem Gegensatz zur langgestreckten Altkirche am günstigsten. Um jedoch diesen Gegensatz nicht zu einem totalen werden zu lassen, sondern kompositionell als Bestandteil der Gruppe einzubinden, wurde die alte Trauf- und Firsthöhe aufgenommen und der neue Raumumfang, um den alten nicht mit seiner Masse zu „erschlagen“, aufgeteilt durch köperverwandte Vorbauten von alter Giebelbreite und –neigung im Sinne einer „Vierung“.  Zweckmäßig und  raumsparend sind darin Altarraum, Windfänge, Emporen, Treppen und Kamine untergebracht und die Sakristei eingebunden zwischen diese Vorbauten ohne jeden Zwang.

Da die alte Traufhöhe des nur 8 Meter breiten alten Kirchenschiffes für den Neubau bindend war, aber für dessen Durchmesser von 25 Metern doch eine zu gering erscheinende Raumhöhe ergeben hätte, wurde das neue Kirchenpflaster, dem fallenden Gelände entsprechend, um 60 cm gesenkt und, um den Raum optisch höher erscheinen zu lassen, als er tatsächlich ist, eine starke Betonung der Senkrechten mit schlanken Pfeilern und eine kegelförmige Erhöhung der Deckenmitte vorgenommen.
Das nach Westen immer mehr fallende Gelände ergab in der Kirchenhälfte tiefer geführte Fundamente und damit einen Raumgewinn, der nicht im Programm stand, aber dankbar begrüßt wurde für die Unterbringung eines Pfarrsaales, desHeizraumes für die Luftheizung und von Abstellkellern unter den Sakristeiräumen.

Der Ort des Altares liegt vor der apsidenartig ausgebuchteten Raumnische, betont nach innen und außen durch ein Radfenster, dessen spektralfarbene Speichen um das allvereinende Weiß in ihrer Lichtnabe kreisen. –  Doch sondert sich der Altar nicht nach historischer Art in einem Presbyterium vom Laienraume ab, sondern wird vor dem, nicht kreisförmig – selbständigen, doch elliptisch -anschließenden Hintergrund durch einen Stufenvorbau hineingehoben in den Kreis der Gemeinde…Sinnentsprechend wurde bei vorliegendem Bau die Gemeinschaft im Kreisraum zusammengeschlossen, doch dem Geschehen am Altar und der Predigt zugewendet.

Die Fenstergruppen sind über dem horizontalen Stahlbetongürtel, der die Ringspannungen des Rauzylinders aufnimmt und die Gemeinde sichtbar umschließt, empor gerückt und spenden reiches Licht in den tiefen Raum, während darunter die Zwischenfelder geschlossen sind und dem Beter Sammlung und Geborgenheit vermitteln.
Beruhigung und Behütung soll dem im Alltag allzu oft beunruhigten und beirrten Zeitgenossen auch das über ihm schwebende Zelt des Holzdaches vermitteln….

Nach außen hin, vor allem mit der bastionsartig umwehrten Terrasse  (über den tieferliegenden Weidewiesen) wirkt die Kirche als eine Burg des Glaubens, die Kraft ausstrahlen möchte in die Gegenwart und Zukunft….

Die Rundkirche ist ein ausgefachter Stahlbeton-Skelettbau mit unbehandelt ausgeschalten, glatten Sichtflächen. Zum ersten Mal für Bayern wurden bei diesem Stahlbetonhochbau alle Konstruktionen, auch schlankste Stützen und Spannringe dichtester Bewehrung aus „Blähton“ statt Kies hergestellt. Dieses neue, bisher  noch nicht zugelassene Verfahren wurde erstmals ausnahmsweise aufgrund von Probewürfelprüfungen der Technischen Hochschule von der Obersten Baubehörde genehmigt. …

StPoelten-neu3Nur so gelang es, die äußerste Schlankheit der 24 Pfeilerstützen von 9 Meter Höhe und nur 20 cm Breite zu erreichen, die für die Raumwirkung wichtig war.

Eine seltene und meisterliche Ausführung verlangte auch der runde, kegelförmig überhöhte Holzdachstuhl von 25 Meter Spannweite. Die Eindeckung mit Eternitschindeln kleinen Formats in angeschmiegten Lagen ist eine mustergültige Dachdeckerleistung, die untergehängte Sichtschalung aus konisch in Ringen der Kegelform angepassten, astfreien Oregonbrettern eine Präzisionsarbeit des Zimmerers.

Die Fensterkonstruktion besteht aus rostsicher spritzverzinkten und lackierten Vierkant-Stahlrohen und ihre Verglasung aus mundgeblasenen Echtantikgläsern verschiedener Grautonstufen zur Minderung der Blendung.

Für die bildhauerische Ausgestaltung von Altartisch, Ambo, Priestersesseln, Apostelleuchten, Weihwasserkesseln sorgte der vom Ordinariat Augsburg beauftragte Bildhauer Koller, München. Das keramische Kreuz gegenüber der Altarseite, eine Stiftung, ist ein Werk des Kunst- und Kirchenmalers Peltzer, Söcking. Die von der Kirchengemeinde – neben Vielem anderen – selbstbeschafften Orgeln sind gebaut von Guido Nenninger, München.

Die Nischenkapelle auf dem Kirchenvorplatz, in der das barocke Schnitzbild des Heilands an der Geiselsäule wieder Aufstellung fand, wurde von der Baufirma gestiftet….